theater … es gongt, zum dritten mal schon. alles eilt zurück auf die verordneten sitzplätze. ich sehe sie alle in angemessener hektik in den saal strömen. nur ich stehe noch da mit einem glas tempranillo zwischen den unterkühlten fingern. ich bin noch nicht bereit. keine frage, das programm ist gut. hervorragende darstellerinnen und exquisite akteure auf der bühne. alles beste qualität. aber etwas hält mich – draußen vor der türe, mit der frucht des weinstocks in wohlgeformtem glase – verhaftet in den gedanken und gefühlen, die der erste akt aufgeworfen hat. manchmal zählt weniger das was als das wer des schauspiels. das eigentliche spielt sich im verborgenen ab. nicht notwendigerweise im dunkel des seelenlebens, aber dort erst recht. wirst du mit einem mal teil des schauspiels, dann ist das verordnete ende für das publikum im saal vielleicht nicht mehr das ende, das du selbst erwarten möchtest. stattdessen wird die wahrheit des schauspiels durch jene ersetzt, die in den tiefen nur eines glases des dionysos-tranks zu finden ist. meine sehnsüchtigen blicke erhaschen das unwirkliche leuchten des mondes, das sich im wabernden rot widerspiegelt. nachdem der gong schon längst verklungen ist, wird mir bewusst, dass es ein kleines stück freiheit ist, das eigene ende zu suchen, satt aufs neue den angewiesenen platz in den reihen der erwartungsvoll dreinblickenden ein zweites mal einzunehmen. die karte, die ich aus meiner tasche ziehe, verrät mir, dass mir der eintritt noch vor kurzem recht viel wert war. aber ich werde nicht hingehen und versuchen, mir die häfte des eintritts wieder erstatten zu lassen. stattdessen bringe ich anständig mein leeres glas zurück. dann gehe ich wieder nach draußen, zünde mir eine zigarette an, die ich schon jetzt verfluche. aber ich lasse den rauch zurück, der langsam verweht – während ich mein eigenes ende suche, oder war es ein neuer anfang? gute nacht allerseits.
pausenglocke
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